Der Titelverteidiger ist entthront. Der Schweizer Meister 2022 ist erkoren.
Die besten 8 Spieler nach der Qualifikation hatten sich für die Meisterschafts-Endrunde qualifiziert. Die Viertelfinal-Paarungen entsprechen jeweils der Rangliste (1 vs 8, 2 vs 7, usw.) und werden Bo7 gespielt.
Jonni Fulcher (1) vs Mohanraj Sivasubramaniam (8) (Video hier)
Eine eindeutige und klare Sache. Der Favorit Jonni Fulcher liess seinem Gegner Mohanraj Sivasubramaniam nicht den Hauch einer Chance. Es hagelte ein Break nach dem anderen. In Frame 3 war es eine 65 und in Frame 4 war eigentlich schon angerichtet für ein Century, als Jonni bei 66 Punkten Schwarz verschoss. Das wäre aber nur noch die Kirsche auf der Torte gewesen. Seinem Gegner blieb nur noch die Gratulation.
Risto Väyrynen (2) vs Urs Freitag (7)
Favorit Risto Väyrynen zog rasch mit einem regelrechten Feuerwerk von Breaks (46, 24, 35, 33, 58) auf 3:0 davon. Urs Freitag kämpfte verbissen darum, den Whitewash zu verhindern. Unter anderem dank einem 22-er Break konnte er bereits genügend Punkte holen. Risto gab jedoch nicht auf, und schaffte es gleich mehrmals, auf Blau einen guten Snooker zu legen. Dabei half ihm Urs noch, brachte er doch Blau gleich mehrmals wieder zurück in die Nähe von Schwarz und Pink, anstatt sie schön hübsch in Baulk liegen zu lassen. Er schaffte es aber jedes Mal, sich wieder aus dem Snooker zu befreien und letztendlich Blau und Pink noch zu lochen. Mehr als um einen Frame konnte er aber den Match nicht verlängern. Unter anderem dank einem 37-er Break machte Risto den Sack zu.
Alain Vergère (3) vs Neff Chatthong (6) (Forfait)
Alain zog kampflos in den Halbfinal ein, da sein Gegner arbeitsbedingt abwesend war.
Marvin Losi (4) vs Kevin Wegmann (5)
Kevin legte als erster vor, Marvin glich aus. Und genau in dem Rhythmus ging der ganze Match weiter. In Frame 3, weit zurückliegend, verschoss Marvin die Schwarze auf die Mitte, welche er unbedingt gebraucht hätte. Sofort gab er den Frame auf indem er mit dem Queue in die verbleibenden Kugeln stiess. Die verschossene Schwarze fand unterdessen ganz gemütlich den Weg in die Gelbe Tasche. Nur nützte der Fluke nach der überhasteten Frustreaktion nichts mehr. In Frame 5 legte Kevin erneut vor, diesmal dank einem 51-er Break zum 3:2. Danach wurde die Angelegenheit zähflüssiger. Marvin rettete sich schlussendlich in den Decider. Kevin war aber gegen eine Änderung des Rhythmus und schaffte es zu guter Letzt doch noch über die Ziellinie.
Nachdem im Vorjahr die Finalspiele extrem spät geendet hatten, war entschieden worden, auch Halbfinal und Final im Modus Bo7 zu spielen.
Halbfinal 1: Jonni Fulcher vs Kevin Wegmann
Die beiden beginnen gleich mit Breaks von 32 resp. 36. Kevin verstellt sich auf Blau, verfehlt in der Folge die vorletzte Rote und muss safe spielen. Etwas später, in den Endfarben, kann er eine tolle Blaue der langen Bande entlang versenken, verfehlt dann aber Pink und Jonni kann nur noch einschieben zum 1:0.
Auch im zweiten Frame ist Kevin ganz knapp vor dem Framegewinn. Jonni hat Mühe mit dem Tisch. Die Bälle laufen zum Teil etwas ab. Eine gute Safety (mit 1x Miss) auf Blau ermöglichen ihm aber trotzdem den Framegewinn zum 2:0.
Kevin versucht ein paar zu riskante Bälle und bezahlt den Preis dafür. Beinahe hätte er noch einen deftigen Snooker hinter Schwarz gelegt, aber eben, nur beinahe. 3:0
In Frame 4 liegt Kevin erneut mit 36 Punkten vorne, versucht dann eine Kombination, die sich als zu riskant herausstellt. Joni verschiesst nach 49 Punkten unerwartet Grün, gewinnt aber etwas später das Safety-Duell und damit auch den Match.
Fazit: Kevin hätte Jonni durchaus schlagen können wenn er in den entscheidenden Momenten etwas weniger Risiko eingegangen wäre.
Halbfinal 2: Risto Väyrynen vs. Alain Vergère (Video hier)
Anfänglich kommen beide nicht recht auf Touren. Eine starke 27-er Serie bis und mit Pink bringen Alain mit 1:0 in Front.
Nun geht es aber richtig los. Alain macht ein 52-er Break und verdoppelt seine Führung.
Risto legt vor, bleibt aber nach 27 Punkten im Pulk stecken. Ende des Breaks. Ein wenig später zieht Alain mit einem 24-er Break wieder nach. Doch Risto gewinnt das darauf folgende Safety-Duell, räumt mit einer 30 ab bis Pink und verkürzt auf 1:2.
Im nächsten Frame spielt Alain ein gutes Break. Bei 40 Punkten fühlt er sich irritiert, weil der ungeschickte Fotograf sich bewegt. Zu seinem Glück kann Risto die Situation nicht ausnutzen und Alain gewinnt den Frame trotzdem. Es steht 3:1.
Im fünften Frame spielt Alain ein schönes 57-er Break bevor er eine lange Rote verschiesst, notabene den Matchball. Etwas später kann er mit dem langen Besteck zum zweiten Mal versuchen, den Matchball zu lochen. Die Nerven spielen ihm wohl wieder mal einen Streich und er verschiesst den durchaus lochbaren Ball. Es liegen noch 67 mögliche Punkte auf dem Tisch bei einem Stand von 66:0. Risto schafft in äusserst ruhiger Manier 5 mal Rot und Schwarz, wobei er gleich am Anfang den Umweg über die Kopfbande machen muss. Bei den Endfarben gerät er auf die falsche Seite von Blau, schafft es aber trotzdem, im Stil von John Higgins die Clearance zu vollenden. Dieses superstarke Break nach den vorherigen Matchbällen läutet eine Wende ein.
Nach dem spektakulären fünften Frame begehen beide Spieler mehrere unerwartete Fehler. Es folgen kleinere Aufnahmen von beiden Seiten und ein weiteres Safety-Duell. Erstmal snookert sich Risto gleich selber und kann Gelb nicht spielen. Braun wäre Matchball, doch die Position ist unbrauchbar. Als er über Pink hinwegspielen will, resultiert ein Miss-queue und auch noch ein Free-Ball. Alain nominiert Braun, locht und verfehlt eine gute Stellung zum Abräumen. Ein Snooker muss fürs Erste ausreichen. Darauf folgt gleich ein Gegen-Snooker. Alain entkommt. Es folgt eine tolle lange Gelbe. Um von Grün auf Braun zu kommen, muss Weiß einmal um den Tisch. Das gelingt nicht. Anstatt dem einfachen Matchball resultiert ein selbstfabrizierter Snooker. Er verfehlt und lässt auch noch einen Freeball liegen. Risto wählt Schwarz um den nächsten Snooker zu legen. Alain trifft zwar Braun, lässt sie aber lochbar liegen. Risto räumt ab zum Ausgleich.
Gleich ziemlich am Anfang des Decider wagt Alain einen riskanten Stoss beim Spiel auf Rot. Doch anstatt auf Schwarz zu kommen, liegt Weiss derart eingeklemmt zwischen den Roten, dass es physikalisch so gut wie unmöglich ist, eine Farbe zu treffen (siehe Foto). Aus diesem Grund gibt es zwar nur ein Foul und kein Miss, aber der Einsteiger für Risto ist nicht schwierig und er verbucht schon mal 33 Punkte. Dann steigt er mit einer guten Safety aus. Alains Antwort ist eigentlich nicht schlecht. Doch beim nächsten Stoss wird die angespielte Rote von einer anderen glücklich abgefälscht und landet in einer Tasche. Aus der geplanten Safety von Risto wird nun stattdessen ein matchentscheidendes 40-er Break. Nachdem er bereits letztes Jahr den Final so knapp noch aus der Hand gegeben hatte, verlor Alain nach sehr guter Saison diesmal bereits im Halbfinal, obwohl er die Ziellinie mehrmals ganz nah vor Augen hatte. Es ist aber wohl nur eine Frage der Zeit, und dann kommt auch mal sein grosser Tag.
Final: Jonni Fulcher vs Risto Väyrynen (Video hier)
Im ersten Frame tasten sich die beiden Kontrahenten noch ab, riskieren wenig und es ist ein hin und her mit Framegewinn für Risto.
Der zweite Frame entwickelt sich zu einer Safetyschlacht, nachdem eine Rote vor der grünen Tasche liegenblieb. Immer mehr Rote liefen in Richtung Baulk hoch. Letztendlich sieht sich Jonni gezwungen, aus langer Distanz mit unangenehmem Winkel die Rote anzugreifen. Er verschiesst. Risto kapitalisiert nicht, verschiesst kurz darauf Gelb auf die Mitte. Nun bearbeitet Jonni das chaotische Bild, erzielt aber mit den tiefen Farben nicht allzu viele Punkte. Irgendwann muss er Risto das Feld überlassen und der überholt ihn mit 3x Rot und Schwarz gleich wieder, muss dann aber auf Gelb safe spielen. Nach einigem hin und her kann Risto den Frame zum 2:0 nach Hause bringen.
Ein Lochfehler von Risto bringt Jonni ins Spiel, doch der macht nur 23 draus und snookert sich dann auf die einzige noch lochbare Rote. Risto seinerseits macht nur 24 aus seiner Chance. Nach einigem Geplänkel kann Risto nochmals 22 und 20 erzielen und auf 3:0 erhöhen.
Jonni steht im Bo7-Match mit dem Rücken zur Wand. Würde nun wieder so eine epische Schlacht beginnen wie vor einem Jahr, als er die drohende Niederlage noch in einen Sieg verwandelte?
Risto hat etwas dagegen und legt schon mal mit 45 vor. Jonni locht nur eine Rote und legt dann einen Snooker hinter Pink in der Nähe der gelben Tasche. Im zweiten Anlauf entkommt Risto, lässt aber eine lochbare Rote liegen. Sein Gegner macht aus der Chance aber nur 24 Punkte. Risto erhöht den Score weiter, kann aber noch nicht durchziehen.
Letztendlich benötigt Jonni Snooker. Er versucht es zwar noch ein paar Minuten lang, aber man spürt bei den eher halbherzigen Versuchen, dass er selber nicht mehr so recht an eine Wende glaubt. Kurz darauf gratuliert er seinem Kontrahenten zum erstmaligen und durchaus verdienten Schweizer Meistertitel.
Damit ging eine spannende, und abgesehen von einzelnen Absenzen coronafreie Saison zu Ende.
Wer die Finalspiele verpasst hat, kann sie auf Billard TV ansehen. Herzlichen Dank an Urs Freitag, Pascal Nydegger und das Romandie Pool Billard Team, die es gemeinsam möglich machten, dass die Matches auf zwei Tischen im Live-Stream mitverfolgt werden konnten und jetzt auch nachträglich noch zur Verfügung stehen.
Ein ganz herzliches Dankeschön gilt den Schiedsrichtern, die zwei Tage lang mit voller Konzentration die Matches begleiteten und sicherstellten, dass alles mit rechten Dinge zu und her ging.
Ebenfalls ein ganz grosses Dankeschön an den Romandie Pool Billard Club mit Paul-Alain Wenger und seinem Team für ihren grossen Einsatz, damit die Finalspiele in würdigem Rahmen stattfinden konnten. Speziell gewürdigt sei auch das Küchenteam um Familie Vergère, die einmal mehr in Vetroz für feine Verpflegung sorgte.
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